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Dichroismus und Doppelbrechung 24.04.2012

Doppelbrechung:
Die Doppelbrechung (engl. Birefringence) ist ein optischer Effekt, der bei anisotropen (z.B. kristallinen) Substanzen auftritt. Durchläuft ein natürlicher (d.h. unpolarisierter) Lichtstrahl eine doppelbrechende Substanz, so wird er in zwei eigenständige Lichtbündel aufgespalten. Beide Teilstrahlen sind senkrecht zueinander linear polarisiert und ihre Intensitäten sind einander gleich, d.h. sie entsprechen jeweils der Hälfte der Intensität des ursprünglichen, natürlichen Lichtstrahls. Derjenige Teilstrahl, der ohne Richtungsänderung die Substanz wieder verläßt (senkrechter Einfall vorausgesetzt), wird als „ordentlicher Strahl“ (o-Strahl) bezeichnet. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieses Lichtstrahls in der Substanz ist richtungs-unabhängig. Der zweite Teilstrahl, der auch bei senkrechtem Einfall innerhalb der Substanz eine Richtungsänderung bzw. eine Parallelverschiebung erfährt, wird als „außerordentlicher Strahl“ (ao-Strahl) bezeichnet. Seine Ausbreitungsgeschwindigkeit ist im Gegensatz zum o-Strahl richtungs-abhängig. Da der Brechungsindex per Definition ein Maß für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in einer Substanz ist, gelten dementsprechend für den o- und den ao-Strahl jeweils unterschiedliche Brechungsindices. Zur Messung der Doppelbrechung wird polarisierte Strahlung verwendet. Man ordnet die Substanz zwischen zwei gekreuzten Polarisatoren an, wobei der zweite Polarisator „Analysator“ genannt wird.

In der linken Skizze ist die Durchlaßrichtung des Polarisators (Pol) und des Analysators (An) parallel angeordnet. Das Sehfeld ist hell. In der mittleren Skizze sind Polarisator und Analysator gekreuzt, das Sehfeld ist dadurch dunkel. Befindet sich nun bei gekreuzter Anordnung zwischen Polarisator und Analysator ein doppelbrechender Kristall K, verändert dieser die Eigenschaften des linear polarisierten Lichts in charakteristischer Weise (rechte Skizze). Die horizontale Komponente der veränderten Polarisationseigenschaft kann den Analysator passieren und der Kristall erscheint folglich hell auf dunklem Grund. Durch die Art und Weise, wie die Substanz im Sehfeld konkret erscheint (z.B. Interferenz-Farben), können einzelne Kristallisationsformen (Morphologien) sehr einfach unterschieden werden.

Es sei darauf hingewiesen, daß eine Orientierung bei Substanzen auf verschiedene Weisen hervorgerufen werden kann, z.B. durch Kristallisation, mechanische Verstreckung (bei Polymeren) oder Anlegen eines elektrischen oder magnetischen Feldes. Isotrope Substanzen, zu denen solche mit kubischer und amorpher Struktur sowie Flüssigkeiten und Gase zählen, zeigen keine Doppelbrechung. Nutzt man an einem Polarisationsmikroskop zusätzlich die Infarot-Spektroskopie (z.B. mit dem IlluminatIR Spektrometermodul), lassen sich die einzelnen Morphologien optisch nicht nur unterscheiden, sondern auch eindeutig identifizieren.

Dichroismus:
Während bei der Doppelbrechung beide Teilstrahlen jeweils die Hälfte der Intensität des ursprünglichen, natürlichen Lichtstrahls aufweisen, haben der ao- und der o-Strahl beim Dichroismus unterschiedliche Intensitäten. Beide Teilstrahlen erleiden also zusätzlich eine unterschiedliche Absorption, während sie die Substanz durchlaufen. Betrachtet man eine im sichtbaren Spektralbereich dichroitische Substanz im durchfallenden Licht durch einen Polarisator und dreht diesen um seine Achse, so treten unterschiedliche Farben auf, jenachdem, ob die vom Polarisator durchgelassene Schwingungsrichtung parallel oder senkrecht zur optischen Achse der Substanz gerichtet ist. In jeder anderen Stellung des Polarisators treten Mischfarben aus diesen beiden Extremfarben auf. Genauso kann dichroitisches Verhalten in anderen Spektralbereichen auftreten. Zur genauen Analyse dieser Eigenschaft werden spektroskopische Verfahren genutzt.

Der Dichroismus bzw. das dichroitische Verhältnis R wird mit nur einem Polarisator im Strahlengang gemessen. Besonders bei Fasern lassen sich hierüber molekulare Orientierungen ermitteln, unabhängig davon, ob die Polymerfaser selbst über kristalline Anteile verfügt oder ausschließlich amorph ist. Da sich der Dichroismus weiterhin immer nur auf ganz bestimmte Absorptionsbanden im Spektrum bezieht und somit auf bestimmte funktionelle Gruppen, ist er gegenüber der Messung der Doppelbrechung besonders bei der Charakterisierung von Polymerfasern wesentlich leistungsfähiger.

Die Abbildung zeigt dies am Beispiel zweier PET-Fasern. Die beiden linken Spektren wurden einmal mit paralleler und einmal mit senkrechter Polarisator-Stellung aufgenommen. Beide Spektren zeigen keine signifikanten Unterschiede, d.h. die Faser zeigt keine Sekundärstruktur, ist also während ihrer Verarbeitung nicht gestreckt worden. Anders sind die Verhältnisse bei den beiden rechten Spektren, die ebenfalls mit paralleler und senkrechter Polarisator-Stellung aufgenommen wurden. Hier zeigen sich sehr deutliche Unterschiede, die auf eine Verstreckung und damit auf eine Sekundärstruktur (d.h. räumliche Ordnung, Konformation) der Faser deuten. Ein weiteres Beispiel ist die Charakterisierung einzelner Polyacrylamid-Fasern. Deren Nitril-Gruppen sind senkrecht zur Kohlenstoff-Hauptkette angeordnet. Deshalb läßt sich trotz hoher Orientierung nahezu keine Doppelbrechung feststellen, d.h. trotz Anisotropie bleibt das Gesichtsfeld hinter dem Analysator dunkel und die IR-Spektren sind identisch. Erst wenn man den Analysator entfernt, man also den Dichroismus betrachtet, ergibt sich eine Abhängigkeit der Helligkeit des Gesichtsfelds von der Polarisator-Stellung.

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